Schul- ärztin

Dr. Sylvia Stricker-Moll

Schulärztin Dr. Sylvia Stricker-Moll
befasst sich mit dem Thema »Cannabis«.

Die Legalisierung von Cannabis in Deutschland hat zu vielen Diskussionen geführt. Der primäre Grund war die Eindämmung der organisierten Kriminalität rund um Erwerb, Besitz und Konsum der Droge. Aufgrund dessen möchte ich die Auswirkungen von Cannabis aus medizinischer Sicht beleuchten.

„Welche Auswirkungen hat Cannabis auf unseren Körper?“

Cannabis enthält verschiedene Wirkstoffe, darunter Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD). Diese Substanzen haben unterschiedliche Eigenschaften. THC ist vor allem für seinepsychoaktiven Effekte bekannt, CBD hingegen wirkt nicht psychoaktiv und hat entzündungshemmende, krampflösende und angstlösende Effekte.

THC nimmt Einfluss auf das zentrale Nervensystem. In geringer Dosierung entspricht es dem subjektiven Erleben nach Genuss von Alkohol. Primäre Wirkungen sind beispielsweise Wohlbefinden, Entspannung, Euphorie sowie Angstreduktion. Aber auch Nebenwirkungen können sofort nach der Einnahme auftreten und über Stunden anhalten. Dazu gehören unter anderem Schwindelgefühle, Unruhe und ein gesteigerter Appetit. Sowohl Wirkungen als auch Nebenwirkungen können stark variieren. Es kommt dabei sowohl auf die Qualität als auch auf die Konsummenge und den Allgemeinzustand an.

„Kann Cannabis abhängig machen?“

Manche glauben, dass man von Cannabis nicht abhängig werden kann, das ist aber falsch. Es kann eine intensive psychische Abhängigkeit entstehen. Dies entwickelt sich häufig deshalb, weil die Betroffenen unmerklich immer häufiger in Versuchung geraten, schwierige Alltagssituationen und damit verbundene unangenehme Gefühle oder Gedanken durch das Kiffen auszublenden. Und je länger Cannabis zur Alltagsgestaltung benutzt wird, umso weniger können sich Konsumierende vorstellen, gut leben zu können, ohne zu kiffen.

Gerade im Jugendalter kann der Konsum von Cannabis die Hirnstruktur und damit das Verhalten verändern, wie Studien gezeigt haben. Bei Cannabis-Konsumenten zeigten sich im MRT Veränderungen im präfrontalen Kortex. Diese Hirnregion hilft uns, Impulse zu kontrollieren, Probleme zu lösen und Handlungen zu planen. Jugendliche mit auffälligen Hirnscans unterschieden sich im Verhalten von Gleichaltrigen ohne Kontakt zu Cannabis. Sie reagierten impulsiver und hatten größere Schwierigkeiten, sich auf eine Aufgabe zu konzentrieren.

„Was sind die Nebenwirkungen?“

Ein großes Problem sind die psychischen Nebenwirkungen. Neben Entspannung und Euphorie kommt es in manchen Fällen zu Halluzinationen, Angstzuständen, Paranoia und in schweren Fällen zu Psychosen. Es ist nicht vorhersehbar, wer das Risiko für eine Psychose hat und wer nicht.Untersuchungen haben gezeigt, dass Cannabiskonsumenten früher an einer Psychose erkranken als abstinente Personen. Das gilt umso mehr, wenn die Droge regelmäßig und über einen langen Zeitraum hinweg verwendet wird. Ein besonders hoher THC-Gehalt – wie bei vielen unter der Hand verkauften Sorten – erhöht das Risiko einer Psychose zusätzlich.

Auch weitere psychische Störungen gehören zu den Risiken, vor allem bei häufigem Gebrauch. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Cannabis und jungen Menschen mit täglichem Konsum. Genannt werden neben psychotischen Erkrankungen auch Depressionen, Suizidalität und Angststörungen. Bei jungen Männern konnte auch ein Zusammenhang zwischen Schizophrenie und Cannabiskonsum belegt werden. Cannabiskonsum wirkt sich besonders ungünstig auf die psychische Gesundheit aus, wenn diese bereits angegriffen ist. Wer unter einer psychischen
Erkrankung leidet oder Fälle von Psychosen oder Schizophrenie in der Familie kennt, sollte dringend auf den Konsum von Cannabis verzichten.

Aber auch alle anderen sollten es sich aufgrund der Abhängigkeit sowie der vielen Probleme gut überlegen. Die Legalisierung von Cannabis könnte auch unerwünschte soziale und ökonomische Folgen haben. Eine erhöhte Verfügbarkeit könnte den Zugang für Jugendliche erleichtern und möglicherweise den Konsum in dieser Altersgruppe erhöhen, was langfristige gesundheitliche und soziale Probleme nach sich ziehen kann. Im Hinblick auf die Risiken ist sicher auch weiterhin
eine umfassende Aufklärung wesentlich.

Dr.

Sylvia Stricker-Moll

Schulärztin

s.stricker-moll@hlwkufstein.at